Dahlem
Die Bundesbehörde »Deutscher Wetterdienst« mag aus vielen Gründen berechtigter Kritik ausgesetzt sein. Eines muß man dem DWD jedoch positiv anrechnen: Er hat ein sehr umfangreiches, öffentlich zugängliches Datenarchiv (DWD, Climate-Data-Center). Bei Stöbern in diesem Archiv bin ich auf einen sehr langen Datensatz mit Monatsmittelwerten der Lufttemperatur gestoßen: Berlin-Dahlem (FU) ab 1719.

Datenbasis Deutscher Wetterdienst: Lufttemperatur in Berlin-Dahlem 1719 bis 2024, Jahresmittel, 10-jährig gewichtetes Mittel und linearer Trend.
Die Meßergebnisse der ersten 160 Jahre wurden aus verschiedenenen Beobachtungstagebüchern zusammengestellt, über die Prof. Dr. Gustav HELLMANN in der Einleitung zu »Das Klima von Berlin« (Abhandlungen des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts, Berlin 1891) berichtet hat. 1883 wurde an der Landwirtschaftlichen Hochschule eine meteorologische Station errichtet, die nach mehreren Standortwechseln heute vom Institut für Meteorologie der FU Berlin betrieben wird.
Ein Vergleich mit anderen Temperaturdatensätzen, beispielsweise Frankfurt/Main (im Datenarchiv des DWD zwischen 1757 und 1786 sowie von 1826 bis 1961 abrufbar) bestätigt den historischen Temperaturverlauf in Berlin. »Homogenisierte« Datensätze, wie »Hadley Centre Central England Temperature (HadCET)«, wurden absichtlich nicht zum Vergleich herangezogen weil sie offensichtlich umfangreichen Korrekturen und Anpassungen unterlagen.
Interessant ist die historische und klimatologische Einordnung der frühen Temperaturdaten bis Mitte des 19. Jahrhunderts:
- Im extrem kalten Winter 1739/40 waren die mitteleuropäischen Flüsse, die Ostsee, der Bodensee und sogar Teile der nördlichen Adria zugefroren. Die Ursache dieser außergewöhnlichen, aber gut dokumentierten Temperaturanomalie ist unbekannt.
- Die zyklischen Sonnenfleckenmaxima 1727 und 1738 zeigen sich in den erhöhten Jahresmitteltemperaturen ab etwa 1743.
- Der Siebenjährige Krieg (dritter schlesischer Krieg) wurde bei hohen Temperaturen ausgefochten. In den Monaten Juni und Juli der Jahre 1756 und 1757 war es in Berlin sogar wärmer als bei den modernen »Hitzewellen« ab 2019.
- Der Ausbruch des Laki auf Island ab 8. Juni 1783 zeigte sich zehn Tage später mit schwefelhaltigem Dunst über Berlin und anderen Städten Mitteleuropas. Der Vulkan war bis Februar 1784 aktiv, die Sonneneinstrahlung war von der zweiten Jahreshälfte 1783 bis in das Jahr 1784 hinein durch die Aerosolkonzentration in der Atmosphäre gemindert.
- Das solare Dalton-Minimum ab etwa 1790 führte zu einer Reihe kalter Jahre zwischen 1799 und 1818. In diese Zeit fällt Napoleons Rußlandfeldzug, der im kalten Winter 1812 zu einer militärischen Katastrophe für die Franzosen und ihrer Hilfstruppen führte.
- Das legendäre »Jahr ohne Sommer« nach dem Ausbruch des Tambora in Indonesien im April 1815, wahrscheinlich der bisher größte Vulkanausbruch der Neuzeit, zeigte gegenüber den ohnehin kalten Jahren des Dalton-Minimums kaum Auffälligkeiten im Temperaturverlauf.
Das Ende des solaren Dalton-Minimums etwa 1830 und das Ende der »Kleinen Eiszeit« fielen zeitlich zusammen mit dem Beginn der sogenannten »industriellen Revolution«, die angeblich den sogenannten »Klimawandel« wegen des Kohlendioxidausstoßes der Industrie und ihrer Produkte nach sich zog. Der Temperaturverlauf bis zum Ende der 1970er Jahre kann nicht mit dem Verlauf der Kohlendioxidkonzentration in der Troposphäre in Übereinstimmung gebracht werden.