Wetter, Witterung und Klima
Ich möchte niemandem zu nahe treten oder Eulen nach Athen tragen, aber eine Klärung von Begriffen ist vielleicht ein guter Einstieg in das Thema »Klimawandel« oder »Klimaschutz«. Und wenn es nur der Auffrischung von vorhandenem Wissen dient, ist es auch gut.
Wetter ist der Zustand der Atmosphäre an einem eindeutig bestimmten Ort zu einem eindeutig bestimmten Zeitpunkt. Die Wettervorhersage hatte nachmittags Regenschauer für das nördliche Bundesland Brandenburg angemeldet aber es regnete nicht. Die Vorhersage war trotzdem richtig, der Regenschauer war im Nachbardorf. Wir kennen das …
Klima ist die statistische Beschreibung und Klassifizierung des Wetters über mehrere Jahrzehnte an einem bestimmten Ort oder in einem eindeutig abgegrenzten Gebiet.
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat 1935 definiert, dass zur Bestimmung von klimatologischen Durchschnittswerten weltweit die gleichen 30-jährigen Perioden verwendet werden. Erstmalig wurden die Daten von 1901 bis 1930 zusammengefasst und man war der Ansicht, daß in diesen 30 Jahren jedes Wetter irgendwie einmal vorgekommen sein müßte. Die Durchschnittswerte werden seitdem in 10-oder 30-jährigen Abständen aktualisiert. Sie werden auch als Normalwerte bezeichnet. Die aktuellen Normalwerte umfassen den Zeitraum von 1991 bis 2020. Für langfristige Vergleiche werden oft die Normalwerte von 1961 bis 1990 herangezogen.
Periode | Jahresmittel der Lufttemperatur | mittlere Jahressumme des Niederschlags |
---|---|---|
1901-1930 | 8,4 °C | 591 mm |
1911-1940 | 8,6 °C | 586 mm |
1921-1950 | 8,7 °C | 585 mm |
1931-1960 | 8,7 °C | 589 mm |
1941-1970 | 8,6 °C | 597 mm |
1951-1980 | 8,6 °C | 594 mm |
1961-1990 | 8,7 °C | 585 mm |
1971-2000 | 9,0 °C | 579 mm |
1981-2010 | 9,3 °C | 586 mm |
1991-2020 | 9,8 °C | 578 mm |
Als Beispiel das Klima in Potsdam: Normalwerte der Lufttemperatur und des Niederschlags
(Datenquelle: Deutscher Wetterdienst)
Abgegrenzte Gebiete können zum Beispiel die Klimazonen nach Wladimir Peter KÖPPEN sein. Ob die Grenzen von Staaten sinnvolle Gebietseinteilungen sind, bezweifele ich, denn was sollte uns der Mittelwert der Lufttemperatur oder die mittlere Summe des Niederschlags zwischen dem Brocken im Harz und dem Oberrheingraben zeigen? Die Erdkugel ist jedenfalls kein abgegrenztes Gebiet und deshalb kann die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur zwar eine physikalische Kennzahl sein, aber sie ist definitionsgemäß kein Klima.
Ein Klimatologe alter Schule würde für das nördliche Bundesland Brandenburg formulieren: »Es herrscht dort ein feucht-gemäßigtes Klima, auch als Buchenwaldklima bezeichnet.« Damit wäre der jährliche Verlauf der Lufttemperatur und des Niederschlags beschrieben. Der Klimatologe alter Schule verfolgt selbstverständlich auch tendenzielle Veränderungen des Wetters mit Interesse und Fachkenntnis, auch wenn das Wetter noch nicht zu Klima geronnen ist.
Witterung ist ein Mittelding zwischen Wetter und Klima, eine Beschreibung des regionalen Wetterverlaufs in einem Zeitabschnitt von mehreren Tagen bis zu mehreren Jahren. Typischerweise wird dabei das Wetter mit Normalwerten verglichen, zum Beispiel: »Der vergangene Monat war im Vergleich mit den Normalwerten wärmer und trockener.« Ein ordentlicher Witterungsbericht darf gern Hinweise auf Extremwerte enthalten, jedoch muß er frei von Klimavorhersagen sein.
Erst wenn das Wetter stattgefunden hat, kann daraus Witterung oder Klima abgeleitet werden. Das Wetter ändert sich. Aber die anschließende Statistik kann aber nicht vorauseilend das Wetter verändern. Jedoch wird heute systematisch fast jedes Wetterereignis zu einer Folge des »Klimawandels« erklärt. Während meiner Berufsausbildung beim Meteorologischen Dienst der DDR vor 50 Jahren hätte ich für solchen semantischen Unfug eine nachhaltige Zurechtweisung eingefangen und es ist fraglich, ob ich damit meine Abschlußprüfung bestanden hätte.